Bei der Ausweisung von potentiellen Windvorranggebieten im Regionalplan war im Jahr 2014/15 ein Standort im Bereich der Deponie Weisser Stein (Kreuzung L1150/L1201 Richtung Plochingen) in der ursprünglichen Planung für den Landkreis Esslingen. Der Standort wurde, u.a. durch Einspruch des Luftfahrtbundesamtes (Einflugschneise Flughafen Stuttgart) wieder gestrichen.

Im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg vom 12.10.2021 ist zur Erreichung des Klimaschutzziels 2040 eine Flächenschaffung in den Regionalplänen von 2 Prozent für Windenergie und Photovoltaik vorgesehen. Damit wird auch im Landkreis Esslingen die Standortsuche auf eine neue Grundlage gestellt.

Die Frage ist, ob früher verworfene Standorte in 2023 wieder zum Zuge kommen. Wäre eine Anlage an diesem Standort 2023 wirtschaftlich zu betreiben? Die vorläufige Antwort ist Ja. Hier die Details einer Abschätzung der potentiellen Wirtschaftlichkeit:

Der Windatlas 2019 stellt für Baden-Württemberg die mittlere gekappte Windleistungsdichte [W/m²] in einem 30 x  30 m Raster dar. Der nächstgelegene WKA Standort ist die ENBW Anlage Goldboden , die mit 3 Anlagen mit je 3,3 MW seit 2017 im ForstBW Staatswald an der Kreisgrenze Esslingen/Rems Murr auf einer Höhe von ca. 450 m zwischen Baltmannsweiler-Hohengehren und Winterbach steht. Diese Anlagen stehen in der Windleistungsdichte-Zone 190 – 250 W/m2. Für die Fläche um die Erddeponie Weisser Stein, ebenfalls auf ca. 450m, gilt im Windatlas 2019 dieselbe Windleistungsdichte.

Im Energie-Atlas Bayern gibt es eine Anlage bei Reicherstetten im Landkreis Landshut, die seit 2014 läuft (Enercon E-101 mit 3000 kW). Ihre Standort-Daten sind ziemlich ähnlich zum potentiellen Standort Weisser Stein sowie zum laufenden Standort Goldboden der ENBW. Die Anlage in Reicherstetten hatte in 2020 einen Ertrag von knapp 5 Mio kWh.

Hier die Beispielkalkulation für eine typische Anlage in der gleichen Leistungsklasse (Vensys 120)
vensys

Der Landkreis Esslingen (bzw. der Abfallwirtschaftsbetrieb) betreibt auf der Erd-Deponie Weisser Stein schon eine PV Anlage mit 1.505 kWp (siehe https://www.marktstammdatenregister.de, Anlage „PV Anlage Deponie Weißer Stein“ MaStR-Nr.: SEE909003733949). Die Erst-Inbetriebnahme war 2012, vermutlich mit einer Erweiterung 2019. Diese Freiflächen PV liefert ihre Energie  auf einen Netzanschlusspunkt der ENBW in der Spannungsebene Mittelspannung (MaStr-Nr SEL993664477496). Als weiterer Pluspunkt ist also ein Anschlusspunkt für 20 kV Mittelspannung  in unmittelbarer Nähe vorhanden, der vermutlich auch für eine oder mehrere WKA nutzbar wäre.

Diese Informationen sind ein erstes "Blitzlicht"

Die Wirtschaftlichkeit einer Windkraftanlage hängt von vielen Faktoren ab (z.B. wieviel zusätzliche Leistung der Anschlusspunkt aufnehmen kann). Und je mehr Anlagen man aufstellt, die sich eine gemeinsame Übergabestation und einen Anschlusspunkt teilen, umso wirtschaftlicher wird das Gesamtprojekt.

Wind am Weissen Stein rechnet sich!

Mit den vorhandenen Rahmen-Daten und im Vergleich zum Betrieb von Binnen-Windanlagen an ähnlichen Standorten in Bayern ist eine Anlage oder ein Windpark am Standort „Deponie Weisser Stein“ mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wirtschaftlich. Der Gestehungspreis für Onshore-Windstrom liegt aktuell bei 4 – 8 ct/KWh und wird auf 3,5 bis 7 ct/kWh absinken (Vergleich: Kohle + Atom 11 – 20 ct/kWh). Quelle: Fraunhofer ISE 2021. Aber die direkte „Wirtschaftlichkeit“ ist nur ein Aspekt. Gesamt-wirtschaftlich mindestens genauso wichtig ist die Stabilisierung des Stromnetzes durch regionale und dezentrale Einspeisung.